Wirkungen von Heilpflanzen und Gewürzen werden in der Naturheilkunde seit der Antike genutzt. Pharmakologisch wirksam sind aber in der Regel nur die so genannten sekundären Pflanzeninhaltsstoffe. Diese aufzuspüren und ihren molekularbiologischen Wirkungsmechanismus im Körper aufzuklären, ist das Ziel eines Forschungsnetzwerks am Frankfurter ZAFES (Zentrum für Arzneimittelforschung, -Entwicklung und -Sicherheit).
FRANKFURT. Resveratrol ist ein Bestandteil von Rotwein und schützt vor Darmkrebs. Und die Inhaltsstoffe von Salbei und Rosmarin bieten viel versprechende Ausgangspunkte für neue Medikamente gegen Altersdiabetes. Details über diese aufsehenerregenden Entdeckungen berichten Pharmazeuten und Kliniker der Universität Frankfurt in der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“ (4/2006).
Aus Versuchen mit Ratten weiss man, dass bei diesen Darmkrebs ähnlich wie beim Menschen über verschiedene Vorstufen verläuft “ beginnend mit Veränderungen in so genannten Krypten, Vorstufen der Tumorzellen. Das im Rotwein vorkommende Resveratrol hemmt die schnelle Ausbreitung dieser Zellen. Wie dies geschieht, konnte die Arbeitsgruppe von Prof.
Jürgen Stein von der Universitätsklinik Frankfurt zusammen mit französischen Kollegen aus Strassburg aufklären, indem sie die Zielstruktur (das Molekül PPARg) identifizierten, auf die das Resveratrol wirkt, um das Wachstum der Krypten dosisabhängig zu hemmen. Ziel ist es nun, in Zusammenarbeit mit den Pharmazeuten an der Universität, die natürlichen Leitstrukturen von Resveratrol systematisch chemisch zu verändern und die gewonnenen Derivate auf ihre biologischen Wirkungen hin zu untersuchen. Auf diesem Wege sollen Verbindungen entstehen, die noch wirksamer sind als das natürliche Ausgangsprodukt.
Dieselbe Zielstruktur, die bei der Bekämpfung von Darmkrebs eine zentrale Rolle spielt, ist auch bei der Behandlung von Typ-2-Diabetes von Bedeutung. Eine der Hauptursachen der Erkrankung ist die „Insulinresistenz“ der Körperzellen. Normalerweise reagieren Zellen, die über einen Insulinrezeptor verfügen “ beispielsweise Leberzellen “ auf einen erhöhten Insulinspiegel, indem sie Glukose aus dem Blut aufnehmen und verarbeiten. Bei Typ-2-Diabetikern sind die Körperzellen gegenüber einem erhöhten Insulinspiegel „abgestumpft“. Obwohl die genaue Ursache der Insulinresistenz bisher nicht bekannt ist, weiss man aus Tierexperimenten, dass fettreiche Nahrung dazu beiträgt.
Bei der medikamentösen Behandlung der Typ-2-Diabetes versucht man, die Körperzellen durch die Arzneistoffe aus der Gruppe der „Glitazone“ erneut zu sensibilisieren. Wie man weiss, aktivieren diese Wirkstoffe das PPARg. Auf der Suche nach neuen Leitsubstanzen für die Entwicklung von Wirkstoffen zur Behandlung der Typ-2-Diabetes und Entzündungserkrankungen hat der Arbeitskreis von Pharmazie-Professor Manfred Schubert-Zsilavecz daher mehr als 50 verschiedene Pflanzen und deren Extrakte auf ihre PPAR-Eigenschaften untersucht. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf Gewürzpflanzen, beziehungsweise solchen, die volksmedizinisch zur Behandlung von Diabetes mellitus eingesetzt wurden oder noch immer werden. Die potentesten Pflanzen waren dabei Salbei und Rosmarin. Als wirksame Inhaltsstoffe und damit Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Medikamente gegen Typ-2-Diabetes identifizierten die Wissenschaftler Carnol und Carnosolsäure.
Informationen: Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz, Institut für Pharmazeutische Chemie (Pharmazeutische Analytik); Telefon: (069) 798-29339 oder (0171) 8643219, E-Mail: Schubert-Zsilavecz@pharmchem.uni-frankfurt.de.