„Es ist unbestritten, dass viele Medikamenten-beschichtete Stents ihre Überlegenheit im Vergleich zu den reinen Metall-Stents auch im Langzeitverlauf dokumentiert haben“, fasst Prof. Dr. Sigmund Silber (München) die aktuelle Forschungssituation zusammen. Die Frage, ob die seit Anfang der 1990er Jahre verwendeten reinen Metall-Stents (Bare Metal Stents, BMS) oder die spätere Weiterentwicklung der Medikamenten-beschichteten Stents („Drug-Eluting Stent“, DES), zum Offenhalten gefährlich verengter Blutgefäße bezüglich Nutzen und Risiken geeigneter sind, war für deutsche Kardiologen lange Zeit nicht geklärt. Prof. Silber referierte zum Thema „DES oder BMS: „Geschmackssache“ des Operateurs oder Evidenz-basiert?“ auf der 32. Herbsttagung der DGK und der 19. Jahrestagung der Arbeitsgruppe Herzschrittmacher und Arrhythmie (9.-11. Oktober in Hamburg), bei der rund 2000 Herz-Spezialisten zusammenkommen.
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Stents gegenüber Bypass-Operationen auf dem Vormarsch
Erkenntnisse zu Langzeitergebnissen von Stents sind umso bedeutsamer, als häufig von einem Siegeszug der Stents gegenüber der Bypass- Chirurgie gesprochen wird: Während bei verengten Herzkranzgefäßen die Katheter-Therapie („perkutane Koronarintervention“, PCI) unverändert steigende Zahlen zeigt und in Deutschland pro Jahr mehr als 300.000 Mal durchgeführt wird, weist die Bypass-Chirurgie seit Jahren rückläufige Tendenzen auf (ca. 65.000 Bypass-Operationen pro Jahr). Prof. Silber: „Neue Studienergebnisse (z.B. SYNTAX-Studie, September 2008), legen nahe, dass auch bei Verengung des Hauptstammes der linken Koronararterie ohne vorhergegangene Bypass-Operation („ungeschützte Hauptstammstenose“) – bislang Domäne der Bypass-Chirurgie – dank DES nicht mehr tabu ist und mit weiterhin steigenden PCI-Zahlen gerechnet wird.“
Eine entscheidende Limitation der DES, so Prof. Silber, liegt in der Notwendigkeit einer im Vergleich zu den BMS erheblich länger erforderlichen doppelten Blutplättchen-Hemmung (Acetylsalicylsäure und Clopidogrel): „Außerdem darf nicht vergessen werden, dass nur wenige der CE-zertifizierten DES ihre Wirksamkeit auch in wissenschaftlichen Studien adäquat dokumentiert haben.“ Inwieweit die nächste Generation der DES mit „verträglicheren“ Substanzen, gezielter Wirkstoffabgabe ausschließlich in den behandelten Gefäßabschnitt, abbaubarer Polymer- Beschichtung und so weiter eine kürzere Dauer der notwendigen zu ASS zusätzlichen Clopidogrel-Gabe ermöglichen, „bleibt Gegenstand weiterer Untersuchungen“.
Ideal, so Prof. Silber, wäre ein Koronarstent, der sich als Ganzes auflöst. Dies würde zu besseren CT- und MRT-Bildern führen, andererseits auch eine eventuell später erforderliche Bypass-Operation im Stent-Gebiet erleichtern. Mit einem kurzfristigen „Durchbruch“ bei der Entwicklung der vollständig resorbierbaren Koronarstents sei jedoch nicht zu rechnen.
Die Empfehlungen der DGK
Ein Positionspapier der DGK (2007) legt fest, in welchen Fällen ein BMS bevorzugt werden sollte (www.dgk.org unter „Leitlinien“): – wenn die Anamnese hinsichtlich zu erwartender Compliance bei der Einnahme der doppelten Plättchenhemmung schwierig zu erheben ist, – bei multimorbiden Patienten mit hoher Tablettenanzahl, – vor demnächst geplanten Operationen, – bei erhöhtem, nicht zu beseitigendem Blutungsrisiko, – bei bekannter ASS-Unverträglichkeit oder Clopidogrel-Allergie, – bei strikter Indikation zur Dauerantikoagulation
In allen anderen Fällen, insbesondere in folgenden Fällen, sollte grundsätzlich ein wirksamer DES bevorzugt werden: – erneute Stenosen mit einem Gefäßdurchmesser 3,0 Millimeter und/oder einer Stenoselänge 15 Millimeter, – nach erfolgreicher Wiedereröffnung eines chronisch verschlossenen Koronargefäßes, – bei In-Stent-Restenose eines BMS
Kontakt: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) Pressestelle Prof. Dr. Eckart Fleck / Christiane Limberg Achenbachstr. 43, 40237 Düsseldorf Tel.: 0211 / 600 692 – 61; E-Mail: limberg@dgk.org