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Körperliche Aktivität, Schmerz und Alter

Nichts ist älteren Menschen wichtiger als ihre Unabhängigkeit so lange wie möglich zu erhalten. Dafür sind sowohl die kognitive Leistungsfähigkeit als auch die körperliche „Fitness“ entscheidend. Schmerzen können Studien zufolge bei älteren Menschen noch stärker als bei jüngeren die körperliche und geistige Fähigkeiten beeinträchtigen. „Diese negative Spirale von Schmerz, körperlicher Inaktivität und geistiger Beeinträchtigung kann man aber auch positiv therapeutisch nutzen“, unterstrich Dr. Matthias Schuler (Diakonie Krankenhaus Mannheim) beim Deutschen Schmerzkongress in Berlin.

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„Denn man hat aus schmerztherapeutischer Sicht nicht nur den Schmerz als Behandlungsziel, sondern kann auch körperliches und kognitives Training zur Verbesserung der Lebensqualität betroffener Schmerzpatienten einsetzen.“ Krafttraining als Therapie-Bestandteil erzielte bei Älteren zum Beispiel gute Erfolge.

Unterschiede zwischen zu Hause und im Pflegeheim lebenden Älteren

Studien zeigen, dass akute wie auch chronische Schmerzen kognitive und körperliche Funktionen erheblich beeinträchtigen können. Aus Untersuchungen von Dr. Schuler geht hervor, dass Ältere durch die Chronifizierung von Schmerzen anfälliger für kognitive Leistungseinbußen sind als Jüngere. Bei Älteren ist zudem die Gefahr größer, durch akute Schmerzen wichtige Alltagskompetenz zu verlieren. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen älteren Menschen mit chronischen Schmerzen, die selbstständig zu Hause leben und Menschen, die in Pflegeheimen betreut werden. Bei Älteren, die bisher noch nicht auf Hilfe ange-wiesen sind, verliert sich wie bei Jüngeren die direkte Beziehung zwischen Schmerzerleben und Alltagskompetenz. Das emotionale Wohlbefinden vermittelt zwischen Schmerzerleben und Alltagskompetenz in der Art, dass ausgeprägte Schmerzen zu häufig depressiven Sym- ptomen führen, was sich negativ auf die Alltagsfähigkeiten auswirkt. Hingegen zeigt sich bei Pflegeheimbewohnern zwar eine unmittelbare Beziehung zwischen Schmerzausprägung und Wohlbefinden, jedoch keine zwischen Schmerz und Alltagskompetenz oder Wohlbefinden und Alltagskompetenz. „Dies mag daran liegen, dass die Abhängigkeit von Hilfe bereits aus-geprägt ist und sich die Betroffenen damit überwiegend abgefunden haben“, mutmaßt Dr. Schuler. „Bei diesen Patienten sind die Säulen einer angemessenen (Schmerz-)Behandlung vor allem die ausreichende Verordnung von Schmerzmedikamenten, die Behandlung von Angststörungen und depressiven Erkrankungen sowie die Schaffung eines Wohnumfeldes, das der Bewohner als angenehm empfindet.“

Wie Kopf und Körper sich beeinflussen

Ein wichtiger Aspekt, der gerade in den vergangenen Jahren ins wissenschaftliche Interesse gerückt ist, ist die unmittelbare Beziehung zwischen Kognition und körperlicher Funktion. Zum einen leiden durch kognitive Beanspruchung (Multitasking-Aufgaben) beispielsweise Maximalkraft, Balance-Aufgaben und die Reaktionsgeschwindigkeit (Stichwort Handy-Benutzung beim Autofahren). Zum anderen lassen sich durch körperliches Training durchaus auch kognitive Leistungsverbesserungen nachweisen. Alles ist beim Älteren noch ausgeprägter als bei Jüngeren.

Kombinierte Therapie ist erfolgversprechend

„Aufgrund der Beziehungen von Schmerz, körperlicher und geistiger Funktion ist für ältere Menschen eine ausreichende Schmerztherapie so früh wie möglich besonders wichtig“, sagte Dr. Schuler in Berlin. „Dabei wird man das Ziel der möglichst großen Selbständigkeit am besten erreichen, wenn man eine ausreichende schmerzlindernde Therapie mit körperlichem und auch komplexerem kognitiven Training kombiniert.“ Die multimodale Therapie auf der Grundlage des bio-psycho-sozialen Modells, das in der Geriatrischen Medizin und bei der Therapie Jüngerer mit chronischen Schmerzen üblich sein sollte, scheint beim Älteren mit chronischen Schmerzen ebenfalls wirksam zu sein, was inzwischen auch in Deutschland vereinzelt gezeigt werden konnte. Je chronischer der Schmerz und je multimorbider der Betroffene, desto professioneller müssen die drei Therapiesäulen zumindest zu Beginn der Behandlung aufgebaut und überwacht werden. Die Behandlungsplanung sollte zum Beispiel progressives Training z.B. drei Trainingseinheiten pro Woche enthalten. Das Erreichte kann durch die wachsende Zahl von Angeboten in Sportvereinen, Sportstudios, bei ambulanten Therapeuten, in Altentagesstätten, Pflegeheimen etc. lange erhalten werden, sofern sie von den Betroffenen auch konsequent wahrgenommen werden.

Weiterführende Literatur

(1)     Mattenklodt P, Ingenhorst A, Wille C, Flatau B, Hafner C, Geiss C et al. Multimodale Gruppentherapie bei Senioren mit chronischen Schmerzen. Der Schmerz 2008. (2)     Schuler M, BAsler H, Hesselbarth S, Kaluza G, Sohn W, Nikolaus T. Einfluss von Schmerzwahrnehmung, Morbidität und aktueller Stimmung auf funktionelle Beeinträchtigung Älterer mit chronischen Schmerzen. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2004;37:1-8. (3)     Basler H, Hesselbarth S, Schuler M. Schmerzdiagnostik und -therapie in der Geriatrie. Der Schmerz 2004;18:317-26. (4)     Casten R, Parmelee P, Kleban M, Lawton M, Katz I. The relationships among anxiety, depression and pain in a geriatric institutionalized sample. Pain 1995;61:271-6. (5)     AGS Panel. The Management of Persistent Pain in Older Persons. Journal of Ameri-can Geriatrics Society 2002;50(6):S205-S224.

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