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Schizophrenie und Cannabis

Kaum eine Droge wird derzeit so kontrovers diskutiert wie Cannabis. Dies hat damit zu tun, dass der Konsum von Cannabis, insbesondere unter jungen Menschen, in den letzten Jahren markant angestiegen ist. Erst die Entdeckung von Cannabisrezeptoren und von Endocannabinoiden im Gehirn hat in psychiatrischen Forschungsgruppen entscheidend zum besseren Verständnis über die biologische Wirkung von Cannabis beigetragen, insbesondere bezüglich psychotischer Krankheiten. Schizophrenie gehört zu den schwerwiegendsten Krankheiten überhaupt und zeichnet sich durch zumindest teilweisen Verlust des Realitätsbezugs aus, in ihren schwersten Formen führen sie oft zu anhaltender sozialer Desintegration, Rückzug und Funktionsverlust in Arbeit und Beziehungen.
Es ist heute bekannt, dass ein früher Krankheitsbeginn, d.h. noch in der Jugend, zu besonders schweren und ungünstigen Verläufen führt. Oft können Jugendliche und junge Erwachsene, die an Schizophrenie erkranken, keinen Schul- oder Lehrabschluss erreichen und haben häufig keine Gelegenheit, die in dieser Lebensphase so entscheidende Sozialisation zu erfahren. In einer Reihe von klinischen und epidemiologischen Studien konnte gezeigt werden, dass Cannabiskonsum in der Adoleszenz zu einem zwei- bis dreifach erhöhten Erkrankungsrisiko führt.
Die Frage, ob der zunehmende Konsum von Cannabis deshalb unter Jugendlichen zu einem vermehrten Auftreten schizophrener Psychosen führen wird, kann zum heutigen Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden. Dennoch muss man vermuten, dass Menschen zukünftig in jüngeren Jahren an einer schizophrenen Psychose erkranken werden, da bei Menschen, die psychotisch werden, eine von Geburt an vorbestehende, entsprechende Veranlagung vermutet wird, und die vermehrte und frühere Exposition mit Cannabis einen Krankheitsausbruch begünstigt.
Delta9-THC, das psychoaktivste Cannbinoid, führt über eine Aktivierung von Cannabisrezeptoren zu einer indirekten Mehrausschüttung des Dopamins, einer Überträgersubstanz im Gehirn, welche auch für das Auftreten psychotischer Symptome verantwortlich gemacht wird. Deshalb muss angenommen werden, dass die durch delta9-THC hervorgerufene Zunahme der dopaminerger Aktivität im Gehirn in psychose-vulnerablen Individuen zur entscheidenden Erhöhung dopaminerger Aktivität und damit zur klinischen Manifestation psychotischer Symptome führen kann. Äusserst beunruhigend ist nicht nur der häufigere Konsum unter Jugendlichen, sondern die im Vergleich zu früher bis zu 30-fach erhöhte Konzentration von delta9-THC pro ‚joint‘.
Das heisst, dass konsumiertes Cannabis ungleich stärker ist als früher und das Risiko, eine Psychose auszulösen, erhöht. Zum andern hat Cannabis einen negativen, bei jahrelangem und hohem Konsum zum Teil auch irreversiblen Effekt auf Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsleistungen, dies insbesondere im ausreifenden Gehirn der Jugendlichen, wo Cannabis das sensible Gleichgewicht zwischen Überträgersystemen stören kann. Falls also dieser Trend anhält, ist es möglich, dass wir in gesundheitspolitischer Hinsicht nicht nur immer häufiger mit jugendlichen Psychosen konfrontiert werden, sondern auch mit schlechteren Verläufen dieser Krankheiten.
Das Swiss Early Psychosis Project (SWEPP) bemüht sich, praxisrelevante Informationen über Risiken, Verlauf und Interventionsmöglichkeiten in der Frühbehandlung schizophrener Erkrankungen an Kollegen und Fachkräfte zu vermitteln. Es setzt sich für eine entsprechende, differenzierte Aufklärungsarbeit über das Thema Schizophrenie und Cannabis ein.

Weitere Infos finden Sie hier …

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