Ein internationales Team von Ärzten und Wissenschaftlern unter der Leitung von Professor Dr. Christoph Klein von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat ein neues klinisches Immundefekt-Syndrom entdeckt, welches durch Mutationen im Gen G6PC3 hervorgerufen wird.
Die Befunde werden am 1. Januar 2009 im „New England Journal of Medicine“ publiziert. „Mit unserer Entdeckung verstehen wir nun sehr viel besser, wie die neutrophilen Granolozyten, die Fresszellen des Blutes, funktionieren. Außerdem wird es möglich, bei Patienten mit schwerer kongenitaler Neutropenie eine exakte genetische Diagnose zu stellen“, sagt Professor Klein, Direktor der MHH-Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. „Das Wissen um die genetischen Grundlagen ist auch der erste Schritt für eine zielgerichtete Therapie im Sinne einer Gentherapie.“
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Diese Forschungsergebnisse weisen auch auf einen neuen Signalweg des Glucose-Stoffwechsels in den Blutzellen hin, der für das Überleben der Immunzellen wichtig ist. Die Forscher konnten zeigen, dass es eine Verbindung zwischen der Verfügbarkeit von Glukose in den Zellen und der zellulären Stress-Antwort gibt. Dies könnte auch für eine Reihe weiterer Stoffwechselerkrankungen von Bedeutung sein. „Es könnte neue Möglichkeiten für therapeutische Manipulationen eröffnen, die nicht nur für Patienten mit einer kongenitalen Neutropenie, sondern auch für Patienten mit andere Bluterkrankungen, wie zum Beispiel Leukämien, von Bedeutung sind“, sagt Dr. Kaan Boztug, der Erstautor der Studie und Mitarbeiter von Professor Klein.
Die schwere kongenitale Neutropenie ist eine seltene Erkrankung, sie betrifft weniger als einen von 100.000 Neugeborenen. Die Erkrankung zeichnet sich durch ein Fehlen der neutrophilen Granulozyten aus, die betroffenen Patienten entwickeln daher schwere bakterielle Infektionen. Außerdem haben die Patienten ein deutlich erhöhtes Risiko, im Laufe ihres Lebens eine Leukämie zu entwickeln.
In den vergangenen Jahren hat das Team um Professor Klein mehrere neue Gendefekte identifiziert, die zu schweren kongenitalen Neutropenien führen. Der G6PC3-Defekt wurde zunächst in einer Familie aramäischer Herkunft identifiziert, die im Internationalen Register für chronische Neutropenien registriert war. Darüber hinaus fanden sich weitere Patienten aus verschiedenen ethnischen Gruppen. Elf der zwölf Patienten zeigten zusätzlich Fehlbildungen des Herzens oder des Urogenitalsystems, zehn waren durch eine ungewöhnliche Venenzeichnung charakterisiert. Diese Symptome wurden in der Vergangenheit nicht mit der kongenitalen Neutropenie in Verbindung gebracht und definieren daher nun ein neues klinisches Syndrom, welches durch G6PC3-Mutationen hervorgerufen wird.
„Diese Veröffentlichung ist sehr wichtig für die ärztliche Betreuung von Patienten mit schwerer kongenitaler Neutropenie“, führt Professor Dr. David Dale von der „University of Washington“ aus, der einen begleitenden Kommentar im „New England Journal of Medicine“ geschrieben hat. „Wir wissen noch nicht, ob die Patienten mit G6PC3-Defekt ein erhöhtes Risiko für Leukämien haben. Das Wissen um die G6PC3-Mutationen erhöht nun auch die Aufmerksamkeit für weitere Krankheitszeichen des Herzens oder der Nieren, was für die Patienten von großer Bedeutung ist.“
Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Christoph Klein, Telefon (0511) 532-6711, klein.christoph@mh-hannover.de