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Wirkung ohne Wirkstoff Einblicke in den Placebo-Effekt / Freisetzung von Dopamin

Tabletten können selbst dann helfen, wenn sie gar keinen Wirkstoff enthalten. Die Wirkung beruht dann allein auf der autosuggestiven Kraft der Erwartung. Man nennt dieses Phänomen auch den Placebo-Effekt. Der Placebo-Effekt ist so alt wie die Menschheit und vermutlich für manchen Heilerfolg in der Medizin verantwortlich. Ob er neben dieser autosuggestiven Kraft auch ganz konkrete biochemische Prozesse in Gang setzt, war bislang nicht genau bekannt. Kanadische Wissenschaftler um Jon Stoessl von der University of British Columbia in Vancouver berichten jetzt in der Zeitschrift „Lancet Neurology“ (Bd. 1, S. 85), dass Patienten mit neurologischen Erkrankungen auf eine wirkstofflose Tablette mit der Freisetzung von Dopamin im Gehirn reagieren.

Der neuronale Botenstoff Dopamin ist Teil des körpereigenen Belohnungssystems. Er versetzt die Patienten in einen zustand von Euphorie und Selbstzufriedenheit. Von dem zusätzlichen Dopamin kann der Patient aber auch auf andere Weise profitieren. Bei neurologischen Erkrankungen, die mit einem Mangel an diesem Botenstoff einhergehen, wie etwa die Parkinsonsche Krankheit oder das Tourette-Syndrom, kann es zu einer unmittelbaren Besserung der Beschwerden kommen. Ob die Einnahme einer wirkstofflosen Tablette bei allen Erkrankungen zur Freisetzung von Dopamin und damit zu einem Kreislauf aus Erwartung, Euphorie und innerer Belohnung führt, wurde von Stoessl und seinen Kollegen nicht näher untersucht.

Placebo leitet sich von dem lateinischen Wort „placere“ ab, heisst soviel wie .,ich werde gefallen“. Einen Placebo-Effekt gibt es nur dann, wenn der Patient eine berechtigte Hoffnung auf Heilung oder Besserung hat. Wird ihm diese Hoffnung genommen, etwa indem man ihm erklärt, dass er statt der eigentlichen Medizin nur eine wirkstofflose Tablette bekommt, bleibt auch der Placebo-Effekt aus. Den grössten Placebo-Effekt gibt es folglich bei der geringsten Auf
klärung. In klinischen Studien, die an die Information und Einwilligung des Patienten gebunden sind, ist eine solche N/Vorgehensweise allerdings unethisch. Klinische Studien dienen dazu, sich vor der Zulassung eines neuen Arzneimittels einen Eindruck von seiner pharmakologischen Wirkung und dem Placebo-Effekt zu verschaffen. Nur wenn die pharmakologische Wirkung den Placebo-Effekt übersteigt, hat das Arzneimittel Aussichten, zugelassen zu werden.

Patienten, die aufgrund ihrer körperlichen Verfassung – etwa weil sie im Koma liegen oder verwirrt sind – nicht mehr in der Lage sind, eine Erwartung aufzubauen, erleben keinen Placebo-Effekt. Der Placebo-Effekt ist an Bewusstsein und Geist gebunden. Auch bei Kindern gibt es keinen ausgeprägten Placebo-Effekt. Sie sind noch nicht in der Lage, ihre ganzen Erwartungen auf eine bestimmte Therapie auszurichten. Der Placebo-Effekt hängt auch von dem Wissen und dem Bildungsniveau des Patienten ab. Je besser der Patient die Wirkungen, die er zu erwarten hat, kennt, um so eher werden diese auch ohne Wirkstoff eintreten. Kann der Patient während einer klinischen Studie erkennen, dass er statt der eigentlichen Tablette eine leere Hülle aus Milchzucker und Stärke bekommt – etwa am Ausbleiben der charakteristischen Nebenwirkungen bei einer Chemotherapie -, macht das meistens seine Erwartungen und damit auch den Placebo-Effekt zunichte.

Weil der Placebo-Effekt auf einem Kreislauf aus Erwartung, Euphorie und Belohnung beruht, wollen Stoessl und seine Kollegen diesen Effekt für die Behandlung von Suchterkrankungen nutzen. Auch bei der Sucht wird versucht, eine Erwartung mit einer inneren Belohnung zu verknüpfen. $statt über ein Suchtmittel könnte diese Belohnung jetzt über den Konsum eines Placebos erzeugt werden. Alkohol, Nikotin oder Drogen würden dann einen Teil ihrer Anziehungskraft verlieren. Die kanadischen Wissenschaftler plädieren ausserdem dafür, den Placebo-Effekt nicht länger als lästig und unerwünscht zu betrachten, sondern ihn bei jeder Behandlung bewusst hervorzurufen. Der Behandlungserfolg würde dann auf zwei Säulen beruhen – auf der autosuggestiven Kraft der Erwartung und der pharmakologischen Wirkung des Arzneimittels
hka.

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