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Tiefenhirnstimulation bessert die Lebensqualität beim fortgeschrittenen Parkinson-Patienten

Zum Auftakt des 16. Parkinson-Weltkongresses in Berlin wurden die Ergebnisse einer weltweit einzigartigen Studie, durchgeführt und entwickelt vom Kompetenznetz Parkinson, vorgestellt. In dieser Studie wurde erstmals die tiefe Hirnstimulation mit der medikamentösen Therapie verglichen und deren Einfluss auf die Lebensqualität beurteilt. Insgesamt 156 Patienten mit langjähriger und schwerer Parkinsonerkrankung und ausgeprägter Symptomatik nahmen an der Studie teil. Die Lebensqualität der operierten Patienten verbesserte sich im Vergleich zu den medikamentös behandelten Patienten durchschnittlich um über 20 %, die motorischen Fähikeiten sogar um mehr als 40 %. Bei dieser recht jungen Methode werden unter örtlicher Betäubung Elektroden in den Hirnbereich implantiert, der für das typische Zittern mitverantwortlich ist. Ein Schrittmacher unter dem Schlüsselbein verursacht durch schwache Stromstösse eine permanente elektrische Reizung, der die überaktiven Nervenzellen lahmlegt und so die motorischen Störungen z. T. dramatisch verbessert.

Neurochirurgische Behandlungsmöglichkeiten stellen eine effektive Ergänzung oder Alternative zu bestehenden Therapien dar, wenn mit fortschreitender Dauer der Parkinson-Krankheit die Wirkung der Medikamente nachlässt. Von besonderem Interesse ist die so genannte Tiefenhirnstimulation. In einer weltweit einmaligen Studie des Kompetenznetz Parkinson, deren Ergebnisse beim Parkinson-Weltkongress in Berlin erstmals vorgestellt wurden, konnte ein grosser Gewinn für die Lebensqualität vieler Patienten ermittelt werden.

Mit dieser neuen, seit einigen Jahren an wenigen Universitätskliniken angewandten Methode werden langjährig erkrankte und schwer betroffene Patienten behandelt, bei denen Medikamente nur unzuverlässig wirken, erläuterte Studienleiter Prof. Günther Deuschl von der Neurologischen Universitätsklinik Kiel. „Im Vergleich zu den medikamentös behandelten Patienten konnte bei den operierten Patienten eine Verbesserung der Lebensqualität von durchschnittlich über 20 Prozent erreicht werden. Die motorischen Fähigkeiten besserten sich um über 40 Prozent im Schnitt. Mit solchen Ergebnissen kann die medikamentöse Therapie bei so schwer erkrankten Patienten nicht mehr aufwarten.“

Elektrische Reizung legt überaktive Nervenzellen lahm Die genauen Ursachen für den permanenten Zellverlust sind bei der Parkinson-Krankheit noch unbekannt, doch ist offenbar ein winziger Kern in tiefen Hirnregionen, der Nucleus subthalamicus, für das typische Zittern, die Unbeweglichkeit und die Fallneigung mitverantwortlich. Bei der Tiefenhirnstimulation werden Elektroden über ein winziges Loch in der Schädeldecke in die Substantia nigra implantiert. Die hauchdünnen Kabel werden an einen Impulsgenerator angeschlossen, der wie ein Herzschrittmacher unter dem Schlüsselbein eingesetzt wird. Mit regelmässigen schwachen Stromstössen verursacht er eine permanente elektrische Reizung und legt damit die beteiligten überaktiven Nervenzellen in den tiefen Hirnregionen lahm. Prof. Deuschl: „Auf diese Weise lassen sich die typischen Bewegungsstörungen Zittern, Muskelsteifheit, Verlangsamung aller Bewegungsabläufe und die Überbewegungen günstig beeinflussen – und zum Teil sogar dramatisch verbessern.“ Einige der bisher behandelten Patienten erlangten nach dem Eingriff beinahe vollständige Kontrolle über alle Körperfunktionen zurück.

Patient ist während der Operation nur örtlich betäubt Mit einem Magneten können Patienten den Schrittmacher selbstständig an- und abschalten. Mit Hilfe eines Senders und spezieller Computer- Software kann der Arzt die Einstellung des Schrittmachers verändern und der Symptomstärke des Patienten anpassen. Nur in seltenen Fällen kommt es bei der elektrischen Tiefenhirnstimulation zu Nebenwirkungen wie Sprach- oder Sehstörungen. Auch diese lassen sich meist mit einer blossen Veränderung der Stimulationsparameter beseitigen. Der Eingriff selbst ist nicht risikolos, aber im Vergleich zu anderen Hirnoperationen risikoarm. Der Patient ist nur örtlich betäubt; so dass neurologische Nebenwirkungen rasch erkannt und notwendige Gegenmassnahmen sofort eingeleitet werden können.

Die Bedeutung der Methode für die Lebensqualität war bisher unbekannt Die neue Methode wurde Mitte der 90er Jahre erstmals angewandt. Seitdem gilt das Verfahren zwar als sehr effektiv. Doch die tatsächliche Bedeutung des Eingriffs für die Lebensqualität der Patienten war unbekannt. Auch wurde das Behandlungsverfahren niemals mit herkömmlichen medikamentösen Therapien verglichen. Dies alles wurde jetzt mit der neuen Studie nachgeholt; durchgeführt und entwickelt vom „Kompetenznetz Parkinson“ und dem „Koordinierungszentrum für klinische Studien“ Marburg (KKS). Finanziell unterstützt wurde das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. 156 Patienten, allesamt mit stark ausgeprägten Symptomen, wurden entweder sofort operiert oder sechs Monate ausschliesslich mit Medikamenten behandelt. Im Schnitt besserte sich die Lebensqualität der operierten Patienten um über 20 Prozent. Noch wesentlich ausgeprägter waren die Verbesserungen in Bezug auf Mobilität, Alltagsaktivität oder emotionale Ausgeglichenheit. Auch die mit Parkinson oft einhergehende Stigmatisierung nahm nach der Operation deutlich ab. „Die Verbesserung betrifft alle Lebensbereiche“, fasst Prof. Deuschl zusammen. „Es gibt keine vergleichbare gut wirksame medikamentöse Therapie für diese Patientengruppe. Die Behandlung kann heute als wissenschaftlich etabliert gelten.“

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