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Signalprotein mit zwei Jobs in zwei Organen

Europaeisches Forscherteam beschreibt in Fachzeitschrift „Cell“ neue Ansaetze zur HerztherapieSperrfrist: Donnerstag, 5. August, 12.00 Uhr

Jena (02.08.04) Zwei unterschiedliche Vollzeit-Jobs an verschiedenen Orten, fuer die Phosphoinositide 3-Kinase gamma (PI3Kgamma) ist das kein Problem. Das koerpereigene Signalprotein ist ein echter Workaholic. Im Immunsystem beispielsweise aktiviert es ueber eine katalytische Reaktion Fresszellen und hilft so, bakterielle Infektionen zu bekaempfen. Diese Funktion der Kinase ist der internationalen Wissenschaftlergemeinde seit laengerem bekannt. Neu ist hingegen die Rolle von PI3Kgamma im Herzen. Hier bindet sie an ein anderes Signalprotein und traegt dazu bei, dass das Herz nach Stress-Situationen wieder zu seinem normalen Schlagrhythmus zurueckfindet. Diese Funktion ist nun erstmals von einem europaeischen Wissenschaftlerteam beschrieben worden, dem auch Prof. Dr. Reinhard Wetzker von der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena angehoert. Die Ergebnisse sind in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift „Cell“ nachzulesen, die am 6. August erscheint.

„Dass die Kinase neben ihrer katalytischen Funktion noch eine weitere ausuebt, ist fuer uns eine echte Sensation“, erklaert Prof. Wetzker. „Diese neue molekulare Funktion zeigt, wie vielgestaltig und flexibel Signalproteine ihre Arbeit in Saeugern verrichten.“ Als in der Gruppe des Zellbiologen 1995 die PI3K? entdeckt wurde, ahnte niemand, auf wie vielen Hochzeiten das Protein im Reigen der Signalmolekuele mittanzt. Inzwischen ist die Beteiligung des Enzyms an grundlegenden Prozessen wie der Zellbewegung, Zellvermehrung und -differenzierung nachgewiesen worden.

2001 hat die EU 1,8 Millionen Euro Foerdermittel zur Untersuchung der zentralen Rolle von PI3Kgamma bei entzuendlichen Erkrankungen fuer ein multinationales Forschungsprojekt bereitgestellt. Wetzker koordiniert diese Arbeiten und sucht gemeinsam mit Partnern in England, Italien, Spanien und der Schweiz nach Wirkstoffen, die die Kinase gezielt blockieren. „Diese Hemmstoffe sind Kandidaten fuer neue Medikamente u. a. gegen Rheuma und Asthma“, berichtet der Zellbiologe von der Universitaet Jena.

Die nun publizierten Ergebnisse ueber das multitalentierte Signalprotein eroeffnen neue Anwendungsbereiche. So konnten die Autoren zeigen, dass die PI3-Kinase sowohl die Kontraktion des Herzmuskels als auch wesentliche Prozesse der Herzschaedigung wie Hypertrophie und Fibrose steuert. Dazu agiert sie einerseits als Biokatalysator, der darauf spezialisiert ist, die Produktion eines Botenstoffs, PIP3 genannt, anzukurbeln. Die Kontrolle der Herzkontraktion erfolgt jedoch nach einem bisher unbekannten Mechanismus. Dazu bildet PI3Kgamma mit dem Protein Phosphodiesterase (PDE) einen Komplex und verhindert so die Bildung eines wichtigen Botenstoffs (cAMP). Dadurch wird die Herzkontraktion gehemmt.

„Ein Signalprotein, welches in der Lage ist, wesentliche Teilprozesse von Herzerkrankungen auszuloesen, erweckt natuerlich das Interesse von Pharmaforschern und Medizinern“, meint Prof. Wetzker. Seine Mitstreiter und er planen nun, in einem neuen Projekt nach spezifischen Wirkstoffen zu suchen, die die Funktion der PI3Kgamma im Herzen hemmen. „Mit solchen Hemmstoffen koennte man beispielsweise die Kontraktionsfaehigkeit des Herzens staerken und Herzschaedigungen lindern“, blickt Wetzker in die Zukunft. „Die Chancen fuer die Entwicklung voellig neuer Medikamente fuer die Behandlung von Herzerkrankungen stehen nach der Aufklaerung der Arbeitsweise von PI3Kgamma in diesem Organ nicht schlecht.“

Die Originalpublikation „PI3Kgamma modulates the cardiac response to chronic pressure overload by kinase-dependent and independent effects“ erscheint am 6.8.2004 in der molekularbiologischen Fachzeitschrift „Cell“.

Kontakt: Prof. Dr. Reinhard Wetzker Arbeitsgruppe „Molekulare Zellbiologie“ der Universitaet Jena Drackendorferstr. 1, 07747 Jena Tel.: 03641 / 9325650 E-Mail: Reinhard.Wetzker@uni-jena.de

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