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Neue Diagnostik ermoeglicht verbesserte Behandlung der Harninkontinenz

Deutschland, Oesterreich und Schweiz im Konsens und international fuehrend

Ca. 4 Mill. Frauen leiden in Deutschland an einer Harninkontinenz, einem ungewollten Wasserlassen. Nur jede zweite Frau unterzieht sich allerdings derzeit einer aerztlichen Behandlung, und bis vor kurzem haben zudem die Moeglichkeiten der exakten Krankheitserkennung oft nicht ausgereicht, um eine gezielte Behandlung durchzufuehren.

Seit vielen Jahren arbeiten Frauenaerztinnen und -aerzte deshalb daran, die Ultraschall-Diagnostik (= Sonographie) auch fuer die Diagnostik der Harninkontinenz einzusetzen und zu einer etablierten Methode auszuarbeiten. Deutschland, Oesterreich und die Schweiz sind hierbei international fuehrend. Das aktuelle Konsensuspapier wurde vor kurzem in der Fachzeitschrift „Frauenarzt“ veroeffentlicht.

Der Schallkopf des Ultraschall-Geraets wird bei dieser Methode nicht auf dem Bauch, sondern aussen auf den Scheideneingang aufgesetzt. Dadurch koennen die Aerztinnen und Aerzte Harnroehre, Blase und den Beckenbodenmuskel darstellen. Neben Veraenderungen der Harnroehren- und Harnblasenwand koennen durch dynamische Untersuchungen – die Patientinnen werden waehrend der Untersuchung zum Pressen bzw. Zusammenkneifen des Beckenbodenmuskels aufgefordert – Ursachen der Harninkontinenz objektiviert werden. Durch die Ultraschall-Untersuchung kann dann die Erkrankung in eine Beckenbodenmuskelschwaeche bzw. in eine Bindegewebeschwaeche untergliedert werden: Bei der Beckenbodenmuskelschwaeche koennen Harnblase und -roehre nicht bewusst angezogen werden; bei der Bindegewebeschwaeche senken sich beim Pressen Harnblase und -roehre bis weit unter den Schambeinknochen.

Die Beckenbodenschwaeche erfordert ein entsprechendes Training der Beckenboden-Muskulatur. Hierzu gehoert je nach Reaktionsfaehigkeit des Beckenbodens auch eine Schulung und Konditionierung des „Beckenboden-Bewusstseins“. In vielen Faellen hat ein solches Training bei regelmaessigem Engagement der Frauen sehr gute Erfolge. Die Sonographie hilft hier nicht nur bei der Therapieentscheidung, sondern dient auch als Therapieueberpruefung zur Beurteilung des Erfolges, da die Patientin am Bildschirm mitverfolgen kann, ob eine gezielte Beckenbodenkontraktion ausgeloest werden kann.

Steht die Bindegewebsschwaeche fuer die Entstehung der Harninkontinenz im Vordergrund, wird eine Operation geplant. Im Rahmen der Operationsplanung muessen die Bindegewebsdefekte genau lokalisiert werden. Denn dies hat entscheidenden Einfluss auf die Wahl der Operationstechnik, wodurch das Operationsergebnis verbessert und die Komplikationsrate gesenkt werden koennen.

– Ist das Bindegewebe unterhalb der Harnroehre geschwaecht (zentraler Defekt), ist die Einlage eines Kunststoffbaendchens (z.B. TVT-Plastik) geeignet, was minimal invasiv in Lokalanaesthesie durchgefuehrt wird. Nach der Operation wird kein Katheter benoetigt. – Hat sich das seitliche Scheidenbindegewebe vom Beckenbodenmuskel geloest (lateraler Fasziendefekt), wird durch einen kleinen Schnitt oberhalb der Symphyse (des Schambeinhoeckers) das Scheidenbindegewebe mittels Kunststofffaeden zum Schambein hin stabilisiert (Kolposuspension). Nach der Operation wird nur der Katheter nur fuer ein Tag benoetigt. – Ist weder seitlich noch zentral ein Bindegewebsdefekt erkennbar – meist nach mehrfachen Voroperationen-, sind Harnroehrenunterspritzungen mit einem Medikament geeignet, um eine Besserung der Inkontinenzsituation zu erreichen. Dies erfolgt ebenfalls in Lokalanaesthesie und erfordert postoperativ keinen Katheter zur Harnableitung.

In der Kontrolle des Heilungsverlaufs nach der Operation hat sich die Sonographie gleichermassen bewaehrt, um Ursachen bei fortbestehenden Beschwerden bzw. bei Komplikationen objektiv herauszufinden und gezielt zu beseitigen.

1995 fand das erste deutschsprachige Konsensusmeeting zur Urogenitalsonographie unter der Schirmherrschaft der Deutschen, Oesterreichischen und Schweizer Arbeitsgemeinschaft fuer Urogynaekologie und plastische Beckenbodenrekonstruktion statt. Die im Rahmen des Meetings ausgearbeiteten Empfehlungen zur standardisierten Untersuchungstechnik wurden in deutsch- und englischsprachigen Zeitschriften publiziert und blieben weltweit bisher einzigartig. Im November 2003 haben sich Experten aller drei Arbeitsgemeinschaften erneut getroffen und die Empfehlungen anhand der aktuellen Literatur und den Erfahrungen aktualisiert, sie sind in der Mai-Ausgabe der Fachzeitschrift „Frauenarzt“ am 15. Mai 2004 erschienen. Grundtenor des Konsensusmeeting und der aktualisierten Empfehlungen ist die standardisierte Anwendung der Sonographie im Rahmen der prae- und postoperativen Diagnostik stressharninkontinenter Patientinnen, was bisher nur an wenigen Kliniken bzw. Ambulanzen umgesetzt wurde.
Ultraschall-Abbildungen zu dieser Pressemitteilung stehen auf der Homepage der DGGG unter http://www.dggg.de zur Verfuegung

Abdruck honorarfrei, Belegexemplar erbetenAnsprechpartner: Prof. Dr. Klaus Diedrich, Praesident der DGGG, Direktor der Klinik fuer Gynaekologie und Geburtshilfe, Universitaetsklinikum Luebeck, Ratzeburger Allee 160, 23538 Luebeck.

Priv.-Doz. Dr. Ralf Tunn, Vorsitzender der AG Urogynaekologie und plastische Beckenbodenrekonstruktion e.V. (AGUB), Deutsches Beckenbodenzentrum, St. Hedwig-Krankenhaus, Grosse Hamburger Str. 5 – 11,10115 Berlin. Tel 030 2311 2106 oder -2878. E-mail: r.tunn@alexius.de

verantwortlich: DGGG Redaktion, Susanna Kramarz, Bayernallee 18, 14052 Berlin. Tel. 030-308 123 11, E-mail: redaktion@dggg.de

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