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Mit molekularem trojanischen Pferd chronische Schmerzen lindern

Wenn Frau XY am Morgen unter der warmen Dusche steht, meldet ihr Gehirn, sie schmore in einem Kannibalen-Suppentopf – solche Schmerzen hat sie. Es gibt viele Arten solcher irregeleiteten und chronischen Schmerzempfindungen. Die wohl bekannteste ist die Migräne. Der Forscher Patrick Mantyh stellt in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift Science eine verblüffend einfache Abhilfe vor.

In seiner Gruppe an der Universität Minnesota wurde Ratten mit chronischen Schmerzen ein sogenanntes molekulares trojanisches Pferd ins Rückenmark gespritzt. Dieses wurde dort ausschliesslich von den aktiven Schmerz – Nervenzellen aufgenommen, wodurch sie abstarben. Die Ratten waren schmerzfrei.

Im Rückenmark reagieren etwa 5% der Nervenzellen auf Schmerzen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie die Schmerzsignale von einer Zelle auf die andere durch denselben Botenstoff übermitteln, der sogenannten Substanz P. Gelangt der Schmerzreiz ans Ende einer Nervenzelle, zur Synapse, schüttet diese die Substanz P aus. Der Botenstoff strömt zur nächsten Nervenzelle und wird dort über eine spezifische Andockstelle aufgenommen.

Diesen Mechanismus nutzte Mantyh aus. Er koppelte ein Nervengift an die Substanz P und spritzte das molekulare Duo ins Rückenmark der Ratten. Binnen kürzester Zeit waren die Tiere von ihren Schmerzen befreit. Die schmerzüberempfindlichen Nervenzellen – und nur diese – hatten das trojanische Pferd geschluckt. Dabei blieb die normale Schmerzantwort erhalten. „Das ist das Schöne an dieser Technik. Wir töten nur jene Zellen, die für die chronischen Schmerzen verantwortlich sind. Die andern bleiben intakt“, kommentiert der Forscher Mantyh begeistert.

Der chronische Schmerz war vollständig verstummt – auch lange nachdem die Tiere behandelt wurden. Dies steht ganz im Gegensatz zur heute üblichen chirurgischen Behandlung, wo die Schmerzen nach einer bestimmten Zeit wiederkehren. Auch Morphin verliert mit der Zeit an Wirksamkeit.

Allerdings ist Mantyhs Methode nur für Patienten mit extrem starken, chronischen Schmerzen geeignet. Mantyh: „Man möchte nie die Zellen töten. Allerdings besteht bei Menschen mit starken chronischen Schmerzen das Leben bald nur noch aus diesen Schmerzen.“

Mantyh ist aber zuversichtlich, dass mit seiner Technik auch eine vorübergehende Ruhigstellung der Nervenzellen ˜durchaus machbar™ sei. Man müsse nur das Gift auswechseln. Die Wissenschaftler haben bereits einen Kandidaten, ein Gift, welches die Kraftwerke der Nervenzellen, die Mitochondrien, zeitweise abschaltet. Damit könnte man auch leichtere Schmerzirritationen angehen.

Mantyhs Gruppe plant nun klinische Studien. Zuerst werden sie versuchen, Krebspatienten mit marternden Schmerzen zu helfen. Später soll die Methode auch bei anderen Krankheiten und Verletzungen, die unbehandelbare Schmerzen hervorrufen, eingesetzt werden.

Weitere Infos finden Sie hier …

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