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Impfung gegen Magenkrebs

Wie Mediziner dem Helicobacter-Erreger den Garaus machen wollen

Das Magenbakterium Helicobacter pylori ist für mehr als drei Viertel aller Magenkrebsfälle verantwortlich. Oft kann eine Infektion mit dem Keim nicht rechtzeitig behandelt werden, da sie ohne Beschwerden verläuft. Deutsche Forscher arbeiten nun an einem Impfstoff, der vorbeugend vor der krebserregenden Mikrobe schützen soll.

Kaffee in rauen Mengen reizt den Magen. Zu viel Salz und Saures setzen ihm ebenso zu. Doch keines dieser Lebensmittel kann nachweislich Magenkrebs auslösen. Eine solch zerstörerische Kraft entfaltet nur ein Jahrtausende alter Bewohner des Magens: das Bakterium Helicobacter pylori.

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„Helicobacter pylori ist der einzige belastbare Risikofaktor für Magenkrebs“, erklärt Thomas Meyer, Molekularbiologe am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin und fügt an: „Der Einfluss der Mikrobe wurde bislang unterschätzt.“ Etwa 80 bis 90 Prozent aller Magenkrebserkrankungen gehen auf die Kappe des Bakteriums.

Da Magenkrebs die zweithäufigste Tumorerkrankung ist und zudem häufig tödlich verläuft, versuchen die Forscher nun herauszufinden, wie die Mikrobe die Zellen entarten lässt. Obwohl jeder zweite Mensch Helicobacter in sich trägt, bemerken ihn viele gar nicht. Sie haben keinerlei Beschwerden. „Harmlos ist der Keim dennoch nie“, betont Sebastian Suerbaum, Mediziner an der Medizinischen Hochschule Hannover. Er entzündet die Magenschleimhaut immer dauerhaft. Nach Jahren der Gastritis wuchern bei einigen Menschen Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre. Bei einem Prozent der Infizierten entsteht schliesslich ein Magenkarzinom. „Das klingt wenig, aber es sind jedes Jahr gut eine halbe Million Menschen“, meint Suerbaum.

Helicobacter pylori wird häufig innerhalb der Familie weitergegeben. Beispielsweise über den Kontakt mit Fäkalien auf der Toilette, der sich freilich mit regelmässigem Händewaschen vermeiden liesse. Anstecken kann man sich jedoch auch beim Küssen. Hat sich das Bakterium erst einmal im Magen eingenistet, ist es nur schwer wieder zu verscheuchen.

Sofern die Mikrobe überhaupt auffällt, wird sie mit mehreren Antibiotika und einem Säureblocker bekämpft. Da die Medikamente im sauren Milieu des Magens nur vermindert wirken, müssen sie in grossen Dosen eingenommen werden. Oft lassen sich die schädlichen Bakterien dennoch nicht vollständig verdrängen. „Für den Einzelnen wäre eine Therapie immer sinnvoll. Aber wenn man jedem zweiten Menschen Antibiotika verabreicht, würde das die Gefahr von Resistenzen enorm erhöhen. Wir beobachten ohnehin schon jetzt eine Zunahme der resistenten Stämme“, urteilt Meyer.

In dieser Zwickmühle wurde die Idee geboren, einen Impfstoff gegen Helicobacter für besonders sensible Menschen zu entwickeln. Als relativ weit entwickelt gilt Meyers Ansatz, der mittlerweile auch von dem jungen Start-up-Unternehmen Creatogen GmbH in Potsdam verfolgt wird. „Wir bringen mit einer Schluckimpfung ein Antigen des Erregers ein und stimulieren so eine Immunantwort. In Mausmodellen haben wir mit dieser Methode sehr gute Erfolge erzielt“, berichtet der Erfinder. Die Mäuse konnten so weitgehend vor Helicobacter geschützt werden.

Zurzeit läuft eine Studie mit 50 Probanden an der Charité in Berlin. Noch ist die Untersuchung nicht abgeschlossen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Schluckimpfung beim Menschen weniger wirksam ist als bei den Mäusen. „Wir haben aber Grund zur Hoffnung. Wir gewinnen sehr wichtige Erkenntnisse“, kommentiert Meyer.

Bislang war nicht bekannt, ob im menschlichen Magen überhaupt eine Immunantwort angeregt werden kann. Das ist jedoch Voraussetzung, damit eine Impfung funktioniert. „Wir wissen jetzt, dass das prinzipiell gelingt“, so Meyer. Dabei spielen so genannte T-Zellen des Immunsystems eine zentrale Rolle. Sie werden im Darm gebildet und wandern von dort in das höher liegende befallene Organ ein.

Eher zufällig wurde bei den Studien ein weiteres Phänomen enthüllt: In der Magenschleimhaut einiger Menschen siedelt sich das Bakterium gar nicht permanent an. Sie sind offensichtlich immun gegen den Eindringling. „Wir möchten herausfinden, welche Patienten von Helicobacter befallen werden und welche der Infizierten mit hoher Wahrscheinlichkeit Krebs bekommen. Manche scheinen genetisch ein höheres Risiko zu tragen als andere“, erklärt Suerbaum. Als wunden Punkt im Erbgut kartierten die Forscher bereits verschiedene sehr kleine genetische Varianten, so genannte Polymorphismen.

Darüber hinaus hat es den Anschein, dass bestimmte Bakterienstämme der Gesundheit besonders stark zusetzen. Einige Varianten des Erregers besitzen eine so genannte Eiweissspritze. Mit dieser infiltrieren sie die Schleimhautzellen der Magenwand. Die Invasion schädigt die Zellen und leistet vermutlich den Erkrankungen Vorschub.

„Es gibt einige erfolgversprechende Forschungsarbeiten zu Impfstoffen“, so Suerbaum. Die Zeichen für eine vorbeugende Impfung stünden günstig, lautet seine Einschätzung. „Wir werden unsere Versuche auf breiter Basis fortsetzen und auf China ausweiten. Dort ist Helicobacter pylori ein grosses Problem“, kündigt Meyer an. Mit einem Impfstoff können die Forscher jedoch in nächster Zeit noch nicht aufwarten.

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