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Herz-Transplantation ohne Abstossungsreaktion

Helmholtz-Forschern gelingt an Mäusen medikamentenfreie Organ-Übertragung

Wissenschaftlern am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig ist es gelungen, bei Mäusen, denen ein fremdes Herz transplantiert wurde, die natürliche Abstossungsreaktion des Körpers ohne den Einsatz von Medikamenten zu unterdrücken.
Arbeitsgruppenleiter Dr. Matthias Gunzer will nun darauf hinarbeiten, das Verfahren auch beim Menschen zu überprüfen. Gunzer: „Wenn es dort ohne Nebenwirkungen wirksam wäre, kann das einen erheblichen Gewinn an Lebensqualität für Organempfänger bedeuten. Sie müssen dann nicht mehr täglich Immunsuppressiva einnehmen, um das Immunsystem vom Kampf gegen das neue Organ abzuhalten.“

Für die Abstossungsreaktion sind verschiedene Komponenten des menschlichen Immunsystems verantwortlich. Eine wichtige Rolle spielen so genannte T-Effektorzellen. Sie sind die Speerspitze der körpereigenen Abwehr, die Krankheitserreger sofort angreifen. So werden Krankheiten im Regelfall wirksam bekämpft. Die moderne Medizin stellt für sie aber eine zu grosse Herausforderung dar: Auch ein neues, transplantiertes Organ wird als fremd identifiziert und abgestossen.

Das Helmholtz-Team um Gunzer hat nun in den Reifungsprozess der T-Zellen im Laborversuch so eingegriffen, dass diese für das Transplantat keine Gefahr mehr darstellen. „Dazu brachten wir noch nicht ausgereifte T-Zellen “ so genannte T-Helferzellen “ mit einem weiteren Zelltyp des Immunsystems, den B-Zellen, künstlich in sehr engen Kontakt“, erläutert Gunzer das Vorgehen. Dabei stellte sich heraus, dass keine immunaktivierenden T-Effektorzellen sondern regulatorische T-Zellen heranreiften. Die Ursache für diesen Effekt haben die Wissenschaftler noch nicht geklärt, aber Gunzer weiss, dass „die regulatorischen T-Zellen genau die entgegen gesetzte Wirkung zu den T-Effektorzellen haben: Statt das Immunsystem zu aktivieren, bremsen sie die Abwehrreaktion.“

Die durch B-Zellkontakt entstandenen regulatorischen T-Zellen injizierten die Forscher in Mäuse. Diese Tiere erhielten dann in einer Operation ein neues Herz. Der Effekt fasziniert Gunzer: „Eigentlich hätten die Mäuse das fremde Herz sofort abstossen müssen, denn wir haben ihnen keine immun-unterdrückenden Medikamente verabreicht. Aber ihr Immunsystem hat das fremde Herz lange Zeit akzeptiert “ ganz ohne medikamentöse Unterstützung. Tiere ohne die regulatorischen T-Zellen haben die transplantierten Herzen dagegen in wenigen Tagen zerstört.“

Zwar sind die Ergebnisse, die Gunzers Team jetzt in dem renommierten Fachjournal „Blood“ veröffentlicht hat, ein wichtiger Fortschritt in der Transplantationsforschung. Schnelle Hilfe für die Empfänger von Organspenden kann der Braunschweiger Wissenschaftler aber trotzdem nicht versprechen: „Jetzt müssen zahlreiche Versuche folgen, um Detailfragen zu klären.“ Dabei wollen die Wissenschaftler zunächst klären, ob das mit regulatorischen T-Zellen behandelte Immunsystem gegen Krankheitserreger angriffslustig bleibt. Gunzer: „Es hilft Organempfängern ja gar nichts, wenn sie nach der Operation zwar das neue Herz oder die neue Niere behalten, dafür aber ihr Immunsystem nicht mehr gegen Bakterien oder Viren vorgeht.“ Erst wenn diese und weitere Fragen geklärt sind, könnte das Verfahren in einigen Jahren an Menschen erprobt werden.

Originalpublikation von Peter Reichardt, Bastian Dornbach, Song Rong, Stefan Beissert, Faikah Gueler, Karin Loser, and Matthias Gunzer: Naive B-cells generate regulatory T-cells in the presence of a mature immunological synapse. Blood First Edition Paper, prepublished online; DOI 10.1182/blood-2006-10-053793

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