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Universität Wien: Nanopartikel zur Diagnose von Blutgefäss-Erkrankungen

Bernhard Keppler, Vorstand des Instituts für Anorganische Chemie, entwickelt derzeit gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe eine neue Möglichkeit, um ergänzend zur Magnetresonanz-Untersuchung Blutgefässe exakter darstellen zu können. Mittel zum Zweck sind dabei eigens hergestellte Nanopartikel, die sich an die Innenwand des Blutgefässes anlagern und damit die Gefässwand sichtbar machen. So könnten Mediziner frühzeitig Gefäss verengende Prozesse oder sogar Tumore diagnostizieren und behandeln.

Derzeit ist die Technik der Magnetresonanz das einzige Verfahren, das ohne Strahlenbelastung ein komplettes Schnittbild des menschlichen Körpers darstellen kann. Die Durchblutung des Gewebes gibt dabei wichtige Hinweise, ob ein krankhafter Prozess vorliegt oder nicht. Dazu werden Kontrastmittel verwendet, die dafür sorgen, dass Gefässe und Durchblutungsunterschiede sichtbar werden.

Bei der Darstellung der Blutgefässe selbst wird die Sache komplizierter. Man kann zwar das Blut und damit den Blutfluss markieren und dadurch ein indirektes Bild der Gefässwand erhalten. Dies ist aber wesentlich ungenauer als eine direkte Markierung. „Es besteht ein enormer Bedarf, Blutgefässe exakt zu untersuchen“, erklärt O. Univ.-Prof. Ddr. Bernhard Keppler. Denn an Blutgefässen können sich sogenannte Plaques, bestehend aus fettartigen Substanzen und Kalk, ablagern, die zur gefässverengenden Krankheit Arteriosklerose führen können. Dies hat natürlich besondere Bedeutung bei den Herzkranzgefässen, aber auch die Erkennung von charakteristischen Tumorblutgefässen würde für den behandelnden Radiologen leichter werden. „Eine exakte Diagnose in der Früherkennung kann einen grossen Vorteil bei der Behandlung bedeuten“, so Keppler.

Nanopartikel als Mittel zum Zweck

Um genau dieses Problem der Darstellung der Gefässwand zu lösen, greift Bernhard Keppler gemeinsam mit Ao. Univ.-Prof. Dr. Vladimir Arion und Dr. Irena Paschkunova zu einem Trick: Sie stellen Nanopartikel her, die sich selektiv an die Wände des zu untersuchenden Gefässes anlagern. Ein zuckerhaltiges Protein, ein Lektin, das aus Tomaten gewonnen wird, fungiert als Trägersubstanz. Dazu kommt noch das Metall Gadolinium, das als Kontrastmittel zur Darstellung der Gefässwand dient. Die freien Elektronen des Gadoliniums sind für das kontrastgebende Signal verantwortlich. Diese Untersuchungen zu den neuen bildgebenden Verfahren erfolgen in Kooperation mit Ao. Univ.-Prof. Dr. Paul Debbage und O. Univ.-Prof. Dr. Werner Jaschke von der Medizinischen Universität Innsbruck.

Noch steht der Chemiker und Arzt vor dem Problem, Nanopartikel in grösserer Menge zu produzieren: „In diesem Bereich gibt es noch wenig Erfahrung bei der Synthese der Substanz, und der Herstellungsprozess ist sehr aufwendig.“ Die Patentierung des Verfahrens läuft bereits.

Kooperation mit Umweltgeowissenschaftern bei der Charakterisierung An dem Projekt beteiligt sind auch Umweltgeowissenschafter der Universität Wien. Univ.-Prof. Dr. Thilo Hofmann und Dr. Frank von der Kammer beschäftigen sich seit Jahren mit der Erforschung von Nanopartikeln, die natürlicherweise in der Umwelt vorkommen und untersuchen ihr Verhalten. Auch mit künstlich hergestellten Nanopartikeln haben sie schon Erfahrungen gesammelt. „Im Rahmen dieses Projekt können wir unser Wissen über Messungen von Nanopartikeln im Wasser einbringen“, sagt Frank von der Kammer. Körperflüssigkeiten wie Blut seien zwar aufgrund der Dickflüssigkeit ein schwierigeres Medium, aber prinzipiell ist eine Messung genauso möglich, so der Geowissenschafter: „Mit einer eigens entwickelten Methode analysieren und messen wir das Verhalten der Nanopartikeln im Blut.“

Erste Versuche vielversprechend

In Tierversuchen an Nagern, die an der Medizinischen Universität Innsbruck durchgeführt wurden, hat sich das bildgebende Verfahren auf der Basis von Nanopartikeln als vielversprechende neue Methode erwiesen. Sollten die toxikologische Prüfung der Substanz und weitere Versuchsreihen an Tieren, vor allem an Schweinen, die über dem Menschen vergleichbare Herzkranzgefässe verfügen, ebenfalls positiv verlaufen, könnten die Nanopartikeln in wenigen Jahren erstmals im klinischen Bereich an Menschen getestet werden. „Ich gehe davon aus, dass unsere Methode gute Bilder liefern wird“, ist Keppler überzeugt.

Im Rahmen des Universitären Forschungsschwerpunkts „Materialwissenschaften “ Funktionalisierte Materialen und Nanostrukturen“ hat O. Univ.-Prof. Ddr. Bernhard Keppler im Oktober 2006 das Projekt „Development and Optimization of Multifunctional Nanoparticles for Clinical Molecular Imaging and Therapy“ gestartet. In den nächsten drei Jahren wird er in Kooperation mit Univ.-Prof. Dr. Thilo Hofmann vom Department für Umweltgeowissenschaften auf diesem Gebiet forschen. Die Universität Wien fördert das Projekt mit 485.000 Euro.

Kontakt:
O. Univ.-Prof. Ddr. Bernhard Keppler
Institut für Anorganische Chemie
Universität Wien
1090 Wien, Währingerstrasse 42
T +43-1-4277-52602
bernhard.keppler@univie.ac.at
http://www.univie.ac.at/iac

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