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Forscher nutzen den Kampf unter Bakterien

Mit einer ungewöhnlichen Taktik suchen US-Forscher nach neuen Antibiotika: Sie lassen zwei verschiedene Bakterienstämme in einem Kampf auf Leben und Tod gegeneinander antreten und analysieren anschliessend das Waffenarsenal des Siegers. Auf diese Weise haben sie bereits zwei bisher unbekannte Wirkstoffe entdeckt, die unter anderem dem Magenkeim Helicobacter pylori den Garaus machen. Vor allem im Hinblick auf die stetig steigende Anzahl resistenter Erreger, denen sich mit den herkömmlichen Antibiotika nicht mehr beikommen lässt, birgt die neue Methode viel Potenzial, glauben Kazuhiko Kurosawa vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und seine Kollegen.

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Die beiden Kombattanten waren Bodenbakterien. Eines von ihnen, Rhodococcus fascians, galt bereits seit längerem als vielversprechender Antiobiotikalieferant. Zwar produziert das Bakterium unter normalen Umständen keine medizinisch nutzbaren Wirkstoffe, sein Erbgut ist jedoch von Genen für sogenannte Sekundärmetabolite durchsetzt “ Stoffe wie Gifte, Farbstoffe oder eben Antibiotika, die nicht direkt für Wachstum und Überleben der Mikroben notwendig sind. Die Überlegung der Forscher: Wenn sich Rhodococcus gegen einen Gegner behaupten muss, der seinerseits ein Antibiotikum bildet, sollte das die Mikroben ausreichend unter Stress setzen, um ihre Wirkstoffproduktion anzukurbeln.

Kurosawa und seine Kollegen liessen Rhodococcus also zusammen mit dem Antiobiotikaproduzenten Streptomyces padanus auf der gleichen Kulturplatte wachsen “ und tatsächlich: In einer der Kulturen begann Rhodococcus seine eigenen Antibiotika zu bilden, die schliesslich zur Vernichtung des Konkurrenten führten. Diese bislang unbekannten Waffen, von den Forschern Rhodostreptomycin A und B getauft, gehören wie die gängigen Mittel Gentamicin und Neomycin zur Klasse der Aminoglykoside und töten neben Streptomyces auch Keime wie E. coli und Helicobacter pylori.

Auch wenn die Rhodostreptomycine vielleicht noch nicht die effizientesten Wirkstoffe seien, könnten sie dennoch als Startpunkte für eine chemische Optimierung dienen, erklären die Forscher. Ausserdem wollen sie näher untersuchen, warum Rhodococcus als Reaktion auf die Bedrohung mit der Antibiotikaproduktion begonnen hat. Denkbar sei zum Beispiel, dass die Anwesenheit der gegnerischen Bakterien eine Art Alarmanlage auslöst, die die entsprechenden Gene anschaltet.

Alternativ stehe ein sogenanntes Megaplasmid, ein grosses Stück zusätzlicher DNA, im Verdacht: Es wird während des Kontaktes von Streptomyces an Rhodococcus weitergegeben und könnte entweder selbst das Gen für Rhodostreptomycin tragen oder in Zusammenarbeit mit dem eigenen Erbgut des Bakterium dessen Produktion anregen. Je besser man diesen Mechanismus verstehe, desto eher könne man ihn gezielt nachahmen, um weitere bisher unbekannte Antibiotika zu finden, so die Wissenschaftler.


Kazuhiko Kurosawa (Massachusetts Institute of Technology) et al.: Journal of the American Chemical Society, Band 130, S. 1126

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