Bösartige Hirntumoren könnten in Zukunft mit einem einfachen Bluttest entdeckt und auch beurteilt werden. Die Grundlage dafür haben jetzt US-Forscher gelegt: Sie haben entdeckt, dass die Tumoren kleine, von einer Membran umschlossene Bläschen ausstoßen, die im Blut nachweisbar sind und ganz spezielle Erkennungsmoleküle enthalten. In einem ersten Test bei 25 Patienten mit Glioblastomen, der bösartigsten Variante der Hirntumoren, habe sich die Methode bereits bewährt und lieferte zum Teil sogar genauere Informationen über die Tumoren als eine Gewebeprobe des Tumors, schreiben die Wissenschaftler. Das Verfahren soll nun mit Hilfe einer Biotechnologie-Firma weiterentwickelt werden.
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Glioblastome sind sehr aggressive bösartige Tumoren, die meist im Großhirn auftreten. Haben sie sich einmal gebildet, beginnen die einzelnen entarteten Zellen, ihre direkte Umgebung aktiv umzugestalten, um dem Tumor die bestmöglichen Wachstumsbedingungen zu verschaffen. Dazu nutzen sie sogenannte Exosomen, kleine Membransäckchen, die von der Tumorzelle abgeschnürt und zum Teil von den Nachbarzellen aufgenommen werden. Wie die Forscher jetzt zeigen konnten, enthalten diese Säckchen verschiedene Arten von Boten- und Signalmolekülen, darunter DNA-artige RNA-Stücke und diverse Proteine. Diese fördern unter anderem das Wachstum der Tumorzellen, ermöglichen die Invasion in das umgebende Gewebe, unterdrücken die körpereigene Abwehr und regen die Bildung neuer Blutgefäße für die Versorgung des Tumors an.
Die Zusammensetzung dieser Signalmoleküle ist so charakteristisch für die Glioblastome, dass allein anhand des Inhalts der Säckchen viele Eigenschaften des Muttertumors ermittelt werden können. Da die Tumorzellen zudem sehr viele Exosomen bilden und ausstoßen, gelangen einige von ihnen durch die Blut-Hirn-Schranke in den Blutkreislauf. Genau das macht sie so wertvoll: Finden sich nämlich in einer Blutprobe die Glioblastom-Säckchen, ist zum einen ohne ein bildgebendes Verfahren oder gar eine Gewebe-Entnahme aus dem Gehirn klar, dass der Patient an einem derartigen Tumor leidet. Zum anderen spiegeln die enthaltenen Moleküle die genetische Beschaffenheit des Tumors wider und ermöglichen eine ungefähre Vorhersage, ob er auf eine bestimmte Behandlung reagieren wird oder nicht.
Neben der Diagnose seien die Exosomen auch ein wertvolles Werkzeug, um den Verlauf einer Therapie zu verfolgen, erläutert Studienleiter Johan Skog. Schlägt sie an, sollten sich auch die Eigenschaften des Tumors verändern, was wiederum eine Anpassung der Behandlungsstrategie zur Folge haben könne. Da Glioblastome im Moment nicht heilbar sind, wäre eine solche Überwachungs- und Testmethode sehr wertvoll für die Entwicklung neuer Medikamente. Wann der Test jedoch tatsächlich verfügbar sein wird, dazu machen die Wissenschaftler noch keine Angaben.
Johan Skog (Harvard-Universität, Charlestown) et al.: Nature Cell Biology, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1038/ncb1800