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Organtransplantantionen ohne Unterdrückung des Immunsystems möglich

Drei Forscherteams ist es unabhängig voneinander mit der gleichen Strategie gelungen, die Abstossungsreaktion des Körpers nach einer Transplantation zu verhindern: Sie verpflanzten zusammen mit dem Organ auch Blutstammzellen des Spenders, die im Körper des Empfängers zusammen mit dessen eigenen Stammzellen ein neues, gemischtes Immunsystem bildeten. Diese neue Körperabwehr betrachtete anschliessend sowohl Gewebe des Empfängers als auch das des Spenders als eigenes, so dass das transplantierte Organ nicht abgestossen wurde. Die insgesamt sechs Patienten, bei denen das Verfahren erfolgreich verlief, leben mittlerweile bereits seit Jahren ohne die sonst üblichen Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems. Das berichten die Forscher um David Sachs von der Harvard-Universität in Boston, Samuel Strober von der Stanford-Universität und Michael Stormon von der Universität in Sydney.

Das Team um Stormon berichtet über den Fall eines neunjährigen Mädchens, das eine Lebertransplantation erhalten hatte und dessen eigenes Immunsystem aufgrund verschiedener Faktoren fast vollständig zusammengebrochen war. Wie spätere Untersuchungen zeigten, war seine Funktion jedoch kurz nach der Transplantation von Stammzellen übernommen, die in der transplantierten Leber gewesen waren. Dadurch veränderte sich auch die Blutgruppe des Mädchens, und es lebt seit mittlerweile vier Jahren mit der neuen Leber “ drei davon ohne Immunsuppressiva, also Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken.

Strober und seine Kollegen stellen in ihrer Veröffentlichung den Fall eines Mannes vor, dem eine Niere seines Bruders transplantiert wurde. Zuvor hatten die Wissenschaftler die sogenannten T-Zellen des Patienten zerstört. Diese Immunzellen gelten als hauptverantwortlich für die Abstossung fremden Gewebes. Zusammen mit der Niere erhielt der Mann Blut seines Bruders, das mit blutbildenden Stammzellen angereichert war. Bereits nach sechs Monaten setzten die betreuenden Ärzte die Immunsuppressiva ab, und heute können bei dem Patienten sowohl seine eigenen Immunzellen als auch die seines Bruders nachgewiesen werden.

Sachs und sein Team schliesslich erreichten einen ähnlichen Erfolg bei vier von fünf Empfängern von Spendernieren “ und das sogar ohne die starke Ähnlichkeit im Gewebetyp, die die beiden Brüder bei Strober auszeichnete. Dazu zerstörten die Forscher partiell das Knochenmark der Patienten und fingen zudem gezielt T-Zellen und antikörperproduzierende B-Zellen ab. Auch hier konnten die Empfänger nicht einmal ein Jahr nach der Operation auf die Medikamente verzichten und leben mittlerweile bereits seit Jahren ohne Probleme mit den neuen Organen. Sachs hält die Ergebnisse trotz der geringen Teilnehmerzahl für einen Riesenerfolg. Als nächstes sollen nun die Risiken genauer untersucht werden und grössere Studien folgen. Sein Kollege Strober schätzt, dass der Ansatz in fünf bis zehn Jahren allgemein verfügbar sein könnte.

David Sachs (Harvard-Universität, Boston) et al., Samuel Strober (Stanford-Universität, Palo Alto) et al., Michael Stormon (Universität Sydney) et al.: New England Journal of Medicine, Band 358, S. 353 ff, S. 362 ff und S. 369 ff

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