Grüner Star, auch Glaukom genannt, ist im Prinzip nichts anderes als Alzheimer im Auge: In beiden Fällen tragen die gleichen Eiweissfragmente, so genannte Abeta-Proteine, dazu bei, dass Nervenzellen absterben, hat ein internationales Forscherteam entdeckt. Im Gehirn verursacht das die für Alzheimer typische Demenz, während der Tod des Sehnervs im Auge auf Dauer zu irreversibler Blindheit führt “ ein Vorgang, für den bisher ausschliesslich ein erhöhter Augeninnendruck verantwortlich gemacht wurde. Die nun entdeckte Verbindung zwischen den Abeta-Fragmenten und der Augenkrankheit bedeute nicht, dass Glaukompatienten auch Alzheimer bekommen. Sie eröffne jedoch neue Möglichkeiten, die Augenkrankheit zu behandeln, berichten die Forscher. Erste Tests im Labor und bei Ratten seien bereits sehr erfolgreich verlaufen.
Zweifel an der Theorie, der erhöhte Druck im Augeninneren verursache Durchblutungsstörungen im Sehnerv und töte ihn so langsam ab, gab es nach Angaben der Forscher schon länger. So wurde immer wieder von Patienten berichtet, bei denen die Sehnervschädigung trotz eines normalen Augeninnendrucks weiter fortschritt. Ausserdem hatten Ärzte bei Alzheimerpatienten wiederholt Symptome beobachtet, die denen eines Glaukoms glichen, wie eine Einschränkung des Gesichtsfeldes und die typischen Schäden an den Zellen des Sehnervs. Besonders letzteres habe auf eine Gemeinsamkeit zwischen den Ursachen von Alzheimer und der Entstehung der Augenkrankheit hingedeutet, erklären die Wissenschaftler.
Aus diesem Grund untersuchten sie die Sehnerven von Ratten, bei denen der Druck im Auge künstlich erhöht worden war. Bereits nach kurzer Zeit bildeten sich in der Netzhaut der Tiere die typischen Abeta-Fragmente, und zwar hauptsächlich in den Nervenzellen, die bereits ein Selbstmordprogramm eingeleitet hatten, zeigte die Auswertung. Wurden den Ratten zudem die Eiweissbruchstücke ins gesunde Auge geträufelt, begannen auch dort wenig später die Nervenzellen abzusterben. Blockierten die Wissenschaftler hingegen die Bildung der Abeta-Proteine, reduzierte sich auch der Anteil der sterbenden Nervenzellen “ ein Befund, der ihrer Ansicht nach einen direkten Zusammenhang zwischen den Abeta-Fragmenten und der Augenkrankheit bestätigt.
Die Wissenschaftler hoffen nun, auf Basis dieser Entdeckung neue, druckunabhängige Behandlungsansätze für das Glaukom entwickeln zu können. Für besonders vielversprechend halten sie dabei die Beobachtung, dass eine Kombination dreier neuartiger Wirkstoffe gegen Alzheimer die besten Ergebnisse erzielt habe. Damit sei möglicherweise auch eine neue Behandlungsstrategie für Alzheimer gefunden, die noch nie eingesetzt wurde, kommentiert Studienleiterin Francesca Cordeiro.
Francesca Cordeiro (University College London) et al.: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0703707104