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König Einweiser

Mit finanziellen Anreizen versuchen Krankenhäuser, einweisende Ärzte an sich zu binden. Doch deren Macht ist gross – und die Mittel der Kliniken sind nicht immer legal.

Für 100 Euro kauft sich das Krankenhaus Patienten von benachbarten Ärzten. Offiziell ist es eine Pauschale für die „poststationäre Behandlung“, wie es in der Vereinbarung mit den Ärzten heisst, also Fädenziehen, Wundbehandlung und Ähnliches. Das Geld wird pauschal gezahlt, unabhängig von den wirklichen Leistungen. Denn eigentlich geht es bei dem Deal nicht um Medizin: Es ist eine getarnte Kopfprämie – damit rund 25 Ärzte der norddeutschen Klinik Patienten zuschieben. Ein einträgliches Geschäft. „Wir sichern uns so Patienten“, sagt der Geschäftsführer der Klinik. Er will unerkannt bleiben, solche Kick-back-Geschäfte sind illegal. Mehrere Gerichte haben ähnliche Absprachen verurteilt.

Doch für viele Häuser geht es ums Überleben. Die Geheimabsprachen sind Tiefpunkt eines Trends: Die Bindung einweisender Ärzte wird für die Krankenhäuser strategisch immer bedeutender. Spätestens ab 2009 müssen sie dafür sorgen, dass der Zustrom an Patienten nicht abreisst. Dann fallen die festen Budgets, die die Häuser Jahr für Jahr aufs Neue mit den Krankenkassen aushandeln. Dann zählt nur noch die wirkliche Fallzahl.

Kampf in den Ballungsräumen
Und damit steigt auch die Macht der Einweiser, besonders in Ballungsräumen wie Hamburg, Berlin, die Rhein-Main-Gegend oder das Ruhrgebiet mit hoher Klinikdichte, wo absehbar nicht alle Häuser überleben werden. „Gerade in Konkurrenzsituationen ist eine enge Bindung an die einweisenden Ärzte ein entscheidender Faktor dafür, dass Patienten gerade zu uns kommen“, sagt Michael Philippi aus der Geschäftsführung der privaten Sana Kliniken. Krankenhäuser mit guten Beziehungen bleiben am Markt, die anderen werden verschwinden.

Rund 54 Prozent der Krankenhauspatienten werden direkt vom Arzt eingewiesen, oft für geplante Eingriffe, ergab eine Studie des Instituts Customer Research. 13 Prozent kommen vom Notarzt, 33 Prozent der Patienten wählen die Klinik selbst, lassen sich dabei aber oft von ihrem Arzt beraten. McKinsey schätzt, dass rund 80 Prozent aller Patienten dem Rat ihres Arztes folgen. Für die Krankenhäuser ist er der entscheidende Gatekeeper.

„Der einweisende Arzt ist für Krankenhäuser der Anker im Markt“, sagt Wilfried von Eiff, Leiter des Centrums für Krankenhausmanagement in Münster. Klassisch versuchen die Kliniken, die Ärzte mit kleinen Aufmerksamkeiten zu Weihnachten, persönlichen Besuchen des Chefarztes oder gesponserten Fortbildungen zu umgarnen. Nun setzen sie auf gezieltere Anreize.

Mächtige Einweiser
„Um das goldene Kalb Einweiser dreht sich bei uns mittlerweile alles“, sagt Rudi Schmidt, Leiter Zentrale Dienste Marketing bei Asklepios. Jede Klinik hat einen eigenen Einweiserbeauftragten, der Fortbildungen koordiniert oder Infoflyer versendet. Im Ballungsraum Hamburg beliefert der Konzern vierteljährlich 15.000 Ärzte mit dem eigenen Einweisermagazin „Medtropole“, um sie von den Vorzügen der Asklepios-Häuser zu überzeugen.

Um die mächtigen Einweiser nicht zu vergraulen, versuchen viele Krankenhäuser, ihnen die Zusammenarbeit so einfach wie möglich zu machen. Für reibungslose Patientenübergaben feilen sie gezielt an der Schnittstelle zur ambulanten Welt, vor allem mithilfe der IT.

Quelle: von Lukas Heiny, Financial Times Detuschland, 17.06.2007

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