Menschen nehmen die Geschmacksrichtung „sauer“ unterschiedlich intensiv wahr. Das zeigt eine Studie amerikanischer Forscher mit ein- und zweieiigen Zwillingen. Während einige Probanden schon bei stark verdünntem Zitronenwasser das Gesicht verzogen, bemerkten andere den sauren Geschmack erst bei sehr viel höheren Konzentrationen der Säure. Verantwortlich für die individuellen Unterschiede sind hauptsächlich die Gene, schliessen die Wissenschaftler aus ihren Ergebnissen.
Die Forscher baten 74 eineiige und 35 zweieiige Zwillingspaare jeweils Zitronenwasser in unterschiedlichen Konzentrationen zu probieren und die Lösungen zu benennen, bei denen sie einen sauren Geschmack wahrnahmen. Eineiige Zwillinge stimmen zu 100 Prozent in ihrem Erbgut überein, zweieiige nur zu etwa 50 Prozent. Je häufiger ein eineiiges Zwillingspaar übereinstimmende Antworten abgibt, desto mehr Einfluss haben demzufolge die Gene auf das Geschmacksempfinden. Mithilfe einer computergestützten Auswertung konnten die Forscher zeigen, dass die Vererbung die individuellen Unterschiede im Geschmacksempfinden stärker prägte als die Umwelt.
Auch bei der Wahrnehmung eines bitteren Geschmacks gibt es genetische Unterschiede. Das deutet darauf hin, dass verschiedene Menschen den Geschmack ein und derselben Speise sehr unterschiedlich wahrnehmen. „Unsere Erkenntnis ist der erste Schritt, um herauszufinden, welche Gene die Empfindlichkeit für Saures bestimmen“, erklärt Studienleiter Wise. Zwar ist schon lange bekannt, dass Säuren im Essen einen sauren Geschmack auslösen. Auf welche Weise ein Säuremolekül auf der Zunge dazu führt, dass Nerven dem Gehirn einen sauren Geschmack signalisieren, ist laut Wise aber noch nicht vollständig geklärt. Die Identifizierung eines „Sauer-Gens“ könnte helfen, die Geschmackswahrnehmung noch besser zu verstehen.
Paul Wise (Monell Chemical Senses Center) et al.: Chemical Senses, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1093/chemse/bjm042